Nachtrag zu Gouda: Am späteren Nachmittag ging über Gouda ein starkes Gewitter nieder. Wir erkundigten uns noch bei anderen Skippern nach Duschen / WC, doch die konnten nur vage die Richtung der vermuteten Anlagen angeben. Die Anlegestellen mit Stromanschlussmöglichkeiten waren alle belegt, wir mussten auf der Kade ohne diese Möglichkeit vorlieb nehmen. Robert meinte, dafür sei diese Kade ja gratis. Doch weit gefehlt: Am nächsten Morgen pünktlich um 08:00 Uhr, bevor sich Schiffe von der Kade losmachten, kam die Hafenmeisterin einkassieren. € 20.00 kostete der Spass ohne Strom und Dusche / WC. Wir fragten dann, wo es denn das gebe, schliesslich macht Gouda damit Werbung (dort steht nirgends, dass Stromanschlüsse nur beschränkt vorliegen). Im Schleusenhaus sei eine neue Anlage eingerichtet worden mit Duschen, Waschgelegenheiten und Toiletten. Nun denn, spät aber ausgiebig machten wir davon noch Gebrauch. Ohne Strom hatten wir den Generator etwas laufen lassen, damit wenigstens die Startetbatterien aufgeladen wurden.

Ein Tagesziel wurde bereits am Morgen erreicht. Liliane feierte Geburtstag, was wir mit einem kleinen Geschenk, Gipfeli und einem Geburtstagküchlein und den besten Wünschen für das neue Lebensjahr einleiteten.

Am nächsten Morgen machten wir uns etwa zwanzig vor zehn Uhr auf den Weg nach Utrecht, unserem eigentlichen Etappenziel. Vor der ersten Durchfahrt der Guldenbrug telefonierte Brigitte und ihr wurde die Durchfahrt in einer Viertelstunde in Aussicht gestellt. Tatsächlich dauerte es nur 5 Minuten, dann wurde die Klappbrücke hochgezogen. Das war an diesem Tag die weitaus kürzeste Wartezeit.

Nach der Klappbrücke beginnt der historische Hafen mit älteren grösseren Schiffen. Am Ende liegt ein Wartebecken (ohne Anlegemöglichkeit) und dort tummelten sich bereits eine ganze Reihe von Schiffen, um bergwärts zu schleusen. Die zu schleusenden Schiffe wurden teilweise von unerfahrenen Skippern geführt, was den Prozess deutlich verlangsamte. Endlich waren wir an der Reihe und konnten die Highlander und die Taranaki an der Schleuse fieren. Bald konnten wir auch dieses Hinternis hinter uns lassen. Nach kurzer Zeit erreichten wir die nächste Klappbrücke, die wir mit einer Durchfahrtshöhe von 3.40 m problemlos passieren konnten (ich habe die Höhe unseres Schiffes gemessen, sie beträgt ohne Masten 3.34 m). Auf eigenes Risiko, so der angerufene Verantwortliche für die Klappbrücke und mit der Drohung, uns 45 Minuten warten zu lassen, wenn wir auf das Hochheben der Klappbrücke beharrten.

Es ging flott weiter, bis zur nächsten Kurve. Dort warteten eine ganze Reihe weiterer Schiffe auf das Schleusen in der Waaiersluis. Der Hub war so kurz, wie die Schleuse selber. Es passten höchstens zwei Schiffe hinein und manchmal auch nur eines (wie zum Beispiel die Luxemotor auf dem Bild ganz links).

Hinter uns lagen noch mehr Schiffe und warteten ebenfalls. Dort verloren wir am meisten Zeit und konnten diesen und warteten etwa 1 Stunde, Robert noch länger. Es gab Drängler und die machten uns das Leben schwer, dauernd waren wir am Ausweichen, weil es keine Möglichkeit zum Anlegen gab. Die Anlegepfähle sind nur für Cargos oder Luxemotorschiffe geeignet. Endlich konnten wir mit Robert die Fahrt fortsetzen. Es war mittlerweile Mittag geworden und wir hinkten dem Zeitplan hinterher.

Beim Warten auf Robert mit der Highlander entdeckte ich ein Teichhuhn mit ihrem Jungen, das zeitweilig tapfer über die Seerosenblätter stapfte.

Die Reise über die Hollandsche Ijssel ist wunderschön. Der Fluss führt mäandert und bietet landschaftlich sehr schöne Abschnitte.

Manchmal sieht man vor lauter Bäumen nicht mehr so genau, wo der Fluss eigentlich weitergeht. Zudem sind die Stellen teilweise ziemlich eng und mit Gegenverkehr ist jederzeit zu rechnen. Auf der Strecke hat es ziemlich viele LeBoat-Schiffe unterwegs, die wegen ihrer Breite und den teilweise unerfahrenen Schiffsführern eine besondere Herausforderung darstellen können.

Wie das so aussieht, kann man auf dem Film von Liliane erahnen.

Im Schiffsverkehr ist es ähnlich, wie im Strassenverkehr. Am besten geht es, wenn man aufeinander Rücksicht nimmt und anderen hilft, die Strecken unfallfrei zu befahren. Ein grosser Unterschied zum Strassenverkehr: 12 Tonnen ist im Wasser mit Trägheit verbunden. Uns fuhr kurz nach der Videoaufnahme von Lilian in einer Engstelle ein Schiff entgegen. Vor der Engstelle war es breiter und der entgegenkommende Skipper hat dort auch abgebremst. Ich hatte in der Engstelle keine Chance, problemlos auszuweichen. Plötzlich gab der entgegenkommende Skipper wieder Gas und fuhr direkt auf mich zu. Mit Mühe und Not, konnte ich die Taranaki in die herunterhängenden Bäume und Gebüsche drücken, so dass eine Kollision vermieden werden konnte. Meine Ausdrücke, die ich für diesen Skipper übrig hatte, will ich hier gar nicht wiederholen. Sie waren ziemlich unflätig.

Auf der Reise erreichten wir die Luxemotor, die vor uns geschleust hatte, vor einer weiteren Klappbrücke. Beim Warten bemerkte ich, dass der Skipper das Schiff wohl noch nicht lange besass. Er dampfte ein, Bugleine am Poller festgemacht und Ruder zum Poller quergestellt. Anstatt nur wenig Gas zu geben und dann das Schiff arbeiten zu lassen, prallte er mit voller Wucht in die Anlegestelle. Er hatte das Gas nicht weggenommen. Es kam aber noch schlimmer. Die kurvige Strecke ist für lange Schiffe nicht einfach zu befahren. In zwei Kurven war er mit dem Heck deutlich zu nah am Ufer und rasierte dort einige Büsche. Wir konnten ihn dann auf einer geraden Strecke überholen, das entsprechende Manöver hatte ich mit dem Horn angekündet.

Wir passierten die seit dem 10. Juni 2023 wieder befahrbare Drehbrücke in Montfoort. Sie wurde durch die Stadt unter Anwesenheit von Behörden und Bevölkerung nach länger dauernden Renovationsarbeiten feierlich wieder eingeweiht.

Durch die vielen Wartezeiten landeten wir schliesslich in Ijsselstein und wollten die letzten Klappbrücken Richtung Utrecht passieren. Da sahen wir Doppelrot vor der Schleuse. In meinen akutellen Unterlagen (Gewässerkarte 2023, auf dem neusten Stand) gab es wohl Hinweise auf Einschränkungen wegen Bauarbeiten, die betrafen aber nur die Fahrwasserbreite und keine Betriebszeiten der Klappbrücken. Ich funkte zweimal, bekam aber keine Antwort. Es gab nur eine Möglichkeit: Wenden und zurückfahren in einen Hafen. Im Nachhinein stellte ich fest, dass diese Brücke ebenfalls zwischen 07:00 – 09:00 Uhr und zwischen 16:00 – 18:00 Uhr zurzeit nicht bedient wird.

Brigitte klärte die Möglichkeiten und telefonierte mit dem nächsten Hafen, der etwa 6 Kilometer weit weg war. Bei der Rückfahrt zu diesem Hafen standen wir vor der nächsten Brücke mit Doppelrot. Dieses Mal konnten wir an der Ijsselkade anlegen. Dort gibt es keinen Strom und weder Duschmöglichkeit, noch eine Toilette. Nach erneutem Anruf beim Hafen teilte der Hafenmeister mit, die Brücken seien zwischen 16:00 bis 18:00 Uhr nicht bedient und würden anschliessend bis 20:00 Uhr wieder geöffnet.

Als wir losfahren wollten, mussten wir feststellen, dass die Schiffe nicht mehr wollten. Robert hat vermutlich ein Problem mit einem Kurzschluss, das er selber nicht lösen kann. Bei der Taranaki waren die Batterien erschöpft, weil ich den ganzen Tag mit dem Bugstrahlruder hantierten und gestern Nacht keinen Landstrom bezogen.

Deshalb sagte Brigitte die Hafenreservation wieder ab und wir feierten den Geburtstag von Lilian in Ijsselstein in der Brasserie 1560. Liliane hatte beide Crews zu einem wunderbaren Essen mit einem sehr schönen Rosé mit einer Crème brullée mit Glacé zum Dessert eingeladen.

Auf der Treppe im Hintergrund erschienen auf einmal rüstige und adrett gekleidete Herren. Wir dachten zuerst, die seien da, um Liliane zum Geburtstag ein Ständchen zu bringen. Aber Pustekuchen: Es waren wohl Mitglieder einer Studentenvereinigung, die sich in der Brasserie 1560 ebenfalls verwöhnen liessen.

Nach dem Essen liessen wir den Generator wieder laufen, damit unsere Batterien am nächsten Morgen wieder über genügend Saft verfügten. Während der Generator arbeitete, vergnügten wir uns mit Yatzy nach Esther’s Regeln. Es war sehr amüsant und wir schlossen den schönen und erlebnisreichen Tag mit einem Schlummertrunk aus Schottland.

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