Wir verbrachten einige Tage in Lübeck. Brigitta und André hatten Besuch von Freunden aus der Umgebung erhalten, dem wir uns bereits beim Mittagessen anschliessen durften.
Am Nachmittag machten wir mit einem gemieteten Elektroboot eine Stadtrundfahrt rund um Lübeck.
Es war für uns alle interessant, die Stadt aus einer ungewohnten Perspektive zu entdecken, da wir von dieser Rundfahrt nur einen Teil bei der Hinfahrt gesehen hatten. Zudem war es ziemlich heiss. Auf dem Wasser blies uns ein kühlender Wind entgegen.
Unterwegs erspähten wir einen stillen Protest der Schifferzunft, den ich hier gerne wiedergebe.
Möge er in den Ohren der zuständigen Politikerinnen und Politiker gehört werden.
Unser Skipper André brachte die Gesellschaft heil und ganz wieder zum Ausgangspunkt, ohne dass ihr, dem Boot, Einrichtungen oder der Umwelt irgendwelcher Schaden zugefügt worden wäre. Beste Seemannschaft eben!
Lübeck war einst nach Köln die zweitgrösste Handelsstadt Deutschlands. Sie prosperierte und wuchs schnell, so dass sie allmählich aus allen Nähten platzte. Damals wurde verdichtetes Bauen erfunden.
In die Häuser wurden kleine Tunnel gebaut, die die Innenhöfe der Häuserreihen erschlossen. Diese Tunnel hatten die Auflage, so breit zu sein, dass ein Sarg hinaus getragen werden konnte.
In den Innenhöfen wurden schmucke kleine Häuser errichtet, die den nachgefragten zusätzlichen Wohnraum boten.
Auf unserem Spaziergang durch die Stadt entdeckte ich ein Plakat hinter einem verstaubten Schaufenster in einer alten Remington-Schreibmaschine eingeklemmt, das aktueller nicht sein könnte.
Nach einem erfrischenden Getränk in einem der Restaurants verliessen uns die Freunde von André und Brigitta wieder.
Am Abend lasen wir von Roland ein Mail, der sich erfreulicherweise ganz in der Nähe beim Schwerin-See befand und uns treffen wollte. Wir freuten uns ungemein, weil wir schon glaubten, dieses Zusammentreffen auf unserer Taranaki komme nicht zustande. Wir wollten sowieso nach Travemünde eine Fahrradtour unternehmen und hofften, ihn dort bereits anzutreffen. Der Ausflug bei schönstem Wetter war toll und dank digitaler Hilfsmittel trafen wir Roland beim Tourismusbüro an der Kade beim alten Leuchtturm (es handelt sich gemäss Dirk um den ältesten Leuchtturm Deutschlands).
So verbrachte er die folgenden Tage in unserer Gesellschaft.
Ganz in der Nähe der St. Jakobi-Kirche befindet sich das Restaurant der Schiffergesellschaft, das im 1229 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Am 26. Dezember 1401 wurde die Schiffergesellschaft als St. Nikolaus Bruderschaft gegründet mit folgendem Gründungszweck: „Zu Hilfe und Trost der Lebenden und Toten und aller, die ihren ehrlichen Unterhalt in der Schifffahrt suchen.“ Wir liessen uns durch ein feines Nachtessen im traditionsreichen Restaurant verwöhnen. Leider konnte Brigitta nicht mitmachen, weil sie von einem hartnäckigen Husten geplagt wurde.
Die Jakobikirche ist mit der Seefahrt ebenso lange verbunden, wie die alte Hansestadt Lübeck, die als Haupt der Hanse einst das Zentrum des Seehandels war. Seit der Baugründung im Mittelalter ist St. Jakobi traditionell die Kirche der Schiffer, Seefahrer, Bootsleute und Fischer. In ihr hielten sie ihre Gottesdienste, gedachten der untergegangenen Seeleute und sorgten für die Hinterbliebenen.
Am nächsten Tag mussten wir uns auch von unseren Freunden André und Brigitta verabschieden. Seit Blokzijl haben wir gemeinsame Fahrt gemacht, bis Lauenburg auch mit Peter und Elisabeth.
André und Brigitta fuhren mit der Linna nach Travemünde, wo sie diverse Reparaturen vornehmen lassen wollten.
Am Abend bemerkten wir beim Nachbarschiff auf Backbord einen schwefligen Geruch. Sensibilisiert durch einschlägige Erfahrung in Wessem zogen wir Rudi hinzu, was er dazu meine. Er kam zum Schluss, dass es sich um die Batterie handeln müsse. Die herbeigerufene Hafenmeisterin und ein weiterer Inhaber eines Schiffes sahen sich die Sache an und kamen zum gleichen Schluss.
Sie telefonierten dem Eigner, der aus Hamburg anreiste. Er lüftete das ganze Schiff und sagte uns, die Ursache sei eine faule Mango gewesen. Dem Rudi sagte er später, die Ursache sei eine faule Avocado gewesen. Wir glauben weder noch, der unangenehme Schwefelgeruch hatte sich auch in der Nacht und am nächsten Morgen noch nicht verzogen.
Heute Morgen verabschiedeten wir uns von Rudi und Regina, die mit ihrem tollen Schiff Alegria (gleichbedeutend mit Joy, dem früheren Namen unserer Taranaki) seit einiger Zeit Lübeck als Heimathafen schätzen. Wir erinnern uns gerne an das angeregte Klönschnacken mit den beiden. Rudi hatte während 35 Jahren in Maasbracht und Umgebung in Schiff stationiert, bevor er dann in den Norden wechselte.
Wir meldeten uns bei der ersten Schleuse an, worauf uns beschieden wurde, wir müssten nach der Ankunft etwa eine halbe Stunde warten, da er gerade einen Konvoi schleuse.
So fuhren wir gemächlicher der Schleuse entgegen und machten wie gewünscht hinter den Dalben fest.
Unterwegs fuhr auch Roland seine ersten Meilen am Steuer der Taranaki und machte dabei einen sehr entspannten Eindruck.
Unterwegs trafen wir wieder einige Schilfinseln, aber weitaus weniger, als auf der Hinfahrt. Bald wussten wir auch warum: Arbeitsschiffe räumten diese Inseln aus dem Weg. Insgesamt drei solcher Schiffe sahen wir unter Kurz vor der letzten Schleuse sah ich auf Facebook eine Meldung von Peter Weingärtner. Er schickte ein paar Fotos und den Liegeplatz seines Schiffes in Mölln, dazu die Bemerkung, es habe noch Platz.
Dann erreichten wir die Donnerschleuse. Sie war vom Oktober letzten Jahres bis am 25. Mai 2025 gesperrt. Beim Schliessen der Tore befürchtete ich schon, da sei wieder etwas nicht ganz in Ordnung, da sich zuerst nur der Backbordflügel schloss. Später ging auch die Steuerbordseite zu und ich war wieder beruhigt.
Beim Anlegen erwartete uns Peter bereits und half. Er hatte uns auf dem Kartenplotter gesehen und gedacht, die Taranaki, die kenne ich.
Ein Ankerbier war angesagt, das uns bei wärmstem Sommerwetter etwas Kühlung verschaffte.
Roland lud uns im Amadeus zu einem feinen Nachtessen ein. Nun blieb mir noch, den Blog zu schreiben.