Epilog zum gestrigen Abend: Nachdem ich den Blog erstellt hatte, ging ich noch aufs Achterdeck, von wo aus ich hinüber zur Linna sehen konnte. Dabei beobachtete ich, wie eine mittlere Linssen in die Linna hineinfuhr. Ich dachte, ich sehe nicht recht. Brigitta und André kamen an Deck und nahmen vom Vorfall einen Augenschein. Offenbar hatte ein etwa 80-jähriger Brite versucht, sein Schiff alleine mit den Leinen vorzuziehen. Durch den Schwell vorbeifahrender Schiffe geriet sein Schiff in eine Vorwärtsbewegung, die er offenbar nicht kontrollieren konnte. Erst am nächsten Etappenort entdeckten wir, das der rechte Fenderhalter eingedrückte worden war. Ein Malheur, das hätte vermieden werden können: Schiffe sollten nicht alleine manuell verschoben werden.
Wir hatten vereinbart, um ungefähr halb zehn Uhr zu starten. Leider hatte sich der Wasserspiegel um etwa 30 gesenkt und bereits bei der Einfahrt in den Hafen war der Tiefgang nicht gerade üppig. Der Tiefenmesser zeigte zeitweise nur noch 20 cm an. Ich kann mir das nur so erklären, dass durch das Schleusen der oft befahrenen Wasserstrasse der Spiegel immer wieder gesenkt wird. Wir konnten beobachten, dass er sich dann wieder erholte, aber nur langsam.
Am Vorabend hatten wir ja bereits dem früheren Präsidenten versichert, dass wir bereit wären für den Liegeplatz und Strom zu bezahlen. Die angekündete Dusche und die Toiletten waren eh geschlossen. Tatsächlich machte sich am Morgen beim Warten auf höheren Wasserstand eine Verantwortliche bei einem Nachbarschiff bemerkbar, die dort einkassierte. Der Wasserspiegel war wieder am Steigen, deshalb ging ich zu ihr, um wie versprochen unseren Obulus zu leisten. Ich musste dort dann ein Formular ausfüllen und unterzeichnen. Die Unterschrift genügte nicht, ich musste auch noch manuell hinschreiben „lu et approuvé“. Ich habe ein zweites Formular erhalten, falls ich wieder einmal dort festmachen wollte. Die Prüfung des Formulars ergab, dass es sich eigentlich um ein Formular für Dauermieter handelte. Die gute Frau hatte offenbar das Formular verwechselt. Den Preis von € 20.80 fand ich dann für die Gegenleistung etwas gar hoch. Ich bezahlte bar, Wechselgeld hatte sie aber nicht dabei. Kein Wunder macht der Hafen einen etwas verfallenen Eindruck und wird offenbar nicht mehr oft von Passanten besucht. Die Administration erscheint mir typisch französisch und manchmal am Ziel vorbei.
Nachdem ich zurück auf der Taranaki war und ich den Wasserstand als genügend betrachtete, startete ich den Motor. Vor uns fuhr die Sturdy-Linssen des Passanten gegenüber aus dem Hafen und ich folgte ihr mit etwas Abstand. Wir konnten dann problemlos ausfahren.
Die Fahrt ging ohne Schleusen nicht sehr weit. Wir hatten ursprünglich Kortrijk angepeilt. Dort gibt es eigentlich zwei Anlegestellen: Die erste ist nahe bei einem Parkplatz und wir wussten nicht, ob wir dort Strom beziehen könnten. Die zweite hatte bei der Einfahrt eine Brücke mit 3 m Durchfahrtshöhe, was für uns auch nicht in Frage kam. So beschlossen wir, den Jachthafen des Kuurnse Watersport Vereniging VZW anzulaufen. Brigitte hatte sich erkundigt, ob es freie Plätze habe.
Wir konnten anlegen und im Restaurant nebenan unser Ankerbier bei sommerlichen Temperaturen geniessen. Der stellvertretende Hafenmeister beschied uns, dass er nicht sicher sei, ob die Linna zwei Nächte am Liegeplatz bleiben könne. Der Platz gehöre einem Dauermieter, der normalerweise mehrere Wochen weg sei. Bevor er uns zusage, erkundige er sich noch bei ihm. Etwas später bestätigte er, dass wir problemlose bleiben können. Der Jachthafen ist mit sauberen Sanitäranlagen ausgerüstet. Die Dusche ist sehr geräumig und verfügt zusätzlich über ein Lavabo mit Spiegel und viel Ablagefläche. Den Hafen kann ich nur empfehlen.
Am Nachmittag fuhren wir mit den Fahrrädern nach Kortrijk. Das kleine Stätchen kann über eine geschwungene Velobrücke erreicht werden und liegt nicht weit von Kuurne. Dort begutachteten wir noch den alternativen ersten Hafen und bemerkten dort die Linssen Nepomuk, die einerseits auf Grund gelaufen war (Tiefgang 1.29 m) und deren Generator nicht mehr funktionierte. um das Schiff dennoch einigermassen zu fixieren, musste die Mannschaft die Taue schwimmend am Landesteg befestigen. Hilfe wegen dem Generator sei unterwegs. Nach kühlen Drinks begaben wir uns nochmals zum Havaristen, der inzwischen flott gemacht worden war, aber immer noch auf den Techniker wegen dem Generator wartete.
Beim Besichtigen des ersten Hafens in Kortrijk entdeckte ich eine kleine Jubiläums-Linssen mit Heimathafen Maasbracht. Werde den Schuller Erwin mal fragen, ob er den Besitzer kenne.
Am Abend in Kuurne, wir wollten gerade zum Nachtessen aufbrechen, erschien die Nepomuk und wurde mit Bug- und Heckstrahlruder seitwärts eingeparkt. Die aus zwei Männern bestehende Mannschaft hatte Funksprechverbindung, was das Manöver stark erleichterte. Wir erfuhren dann, dass der Filter des Generators voll gewesen sei und seine Aufgabe nicht mehr habe erfüllen können. Wir vermuteten daher, dass es sich um ein Mietschiff handelte, weil bei solchen Schiffen die Mieter im Maschinenraum nichts zu suchen haben.
Wir radelten dann mit unseren Rädern zum ganz tollen Restaurant Gust’Eaux, wo man uns ein sehr feines Nachtessen zubereitete und wo wir einen feinen Wein tranken. Das Bild zeigt gut, weshalb das so war. Das Restaurant war – an einem Dienstag – pumpenvoll, so dass wir nicht drausssen sitzen konnten. Später kam die Chefin und sagte uns, es habe jetzt draussen einen freien Platz und wir könnten dislozieren. Gesagt, getan. Der auffrischende Wind kühlte uns etwas ab.