In Wambrechies blieben wir insgesamt 4 Nächte. Ganz nahe beim Hafen hat es eine feine Bäckerei, ein sehr einladende Metzgerei und ein Café, das bereits am Morgen früh öffnet. Dort haben wir jeden Morgen einen Kaffee getrunken. Insgesamt hat uns der Hafen sehr gut gefallen und meine anfängliche Skepsis hat sich mehr als gelegt. Auch der Hafenmeister kam tatsächlich täglich vorbei, so dass wir auch duschen konnten.
Wir haben zuerst einen Ausflug nach Lille gemacht und sind mit dem Bus dorthin gefahren. Es war zuerst regnerisch, so dass wir mit Schirm ausrückten. Die Stadt ist sehr sauber und relativ gross. Wir haben dort einen Spaziergang gemacht und ich konnte noch zwei Bände mit Comics erwerben. Der Buchladen ist riesengross und verfügt über eine extrem grosse Abteilung mit Comics.
Am Abend gingen wir in den Park, wo am Tag der Musik die Banda Ancha, eine Salsa-Band, aufspielte. Die Band musizierte hervorragend und André und Brigitta, die jahrelang Salsa tanzten, liessen ihr Können aufblitzen.
Am Nachmittag verabschiedeten sich unsere netten Nachbarn, die ihr Schiff in Armentière liegen haben. Sie wollten nach Lille fahren und dort nahe der Citadelle anlegen.
Das Wetter besserte sich zusehends und am nächsten Tag konnten wir mit den Fahrrädern ausrücken. Wieder ging’s nach Lille, diesmal zur Citadelle, wo wir auch unsere Nachbarn mit ihrem Schiff wieder entdeckten. Auf dem Gelände wurde für Kinder ein Event durchgeführt, bei dem sie verschiedenste Sportarten kennenlernen konnten. Sportklettern, Fechten, American Football, Landhockey, Brake Dance und viele mehr. Die Kinder (und deren Eltern) waren begeistert. An einem Arm der befahrbaren Citadelle genehmigten wir uns auf einem vertäuten Schiff einen kühlen Drink.
Am Freitag wurde unser lieber Freund Alfred Stähli beerdigt. Ich kannte ihn seit gut 40 Jahren und wir haben manch schöne Erlebnisse gemeinsam geniessen können. Er war immer sehr engagiert für Kultur und Gesellschaft. Durch ihn habe ich auch Rudolf von Tavel kennengelernt. Seine Geschichtsbücher in Mundart wirken authentisch und führen uns in vergangene Zeiten.
In der Kirche haben wir eine Kerze angezündet und seiner gedacht. Er war auch im Kirchgemeinderat und hätte an der Kinderspielecke in der Kirche zu Wambrechies seine helle Freude gehabt.
Am nächsten Tag fuhren wir in die andere Richtung mehr oder weniger dem Fluss entlang. Wir konnten den Stand der Bauarbeiten an den Écluses de Quesnoy-sur-Deûle beobachten. Auf Waaterkarten war die Warnung aufgehoben, so dass wir zuversichtlich waren, dass am Montag problemlos passiert werden kann.
Rund 10 km weiter unten erreichten wir den Port de Plaisance Deûlemont. Der Hafen macht einen guten Eindruck und wir querten die direkt im Hafengelände liegende Brücke, um auf der rechten Seite des Flusses nach Wambrechies zurück zu fahren. Ein schöner und wenig anstrengender Fahrrandausflug ging zu Ende.
André und Brigitta führen einen genialen Grill mit. Darauf brieten wir am ersten Abend feines Fleisch aus der vorerwähnten Metzgerei und am zweiten Abend Würste vom gleichen Geschäft. Brigitte genosse eine Quiche mit Ziegenkäse.
Am Abend verfolgten wir den Match Schweiz – Deutschland über unser Local-Public-Viewing-Installation auf der Taranaki. Die Schweizer Mannschaft spielte ausgezeichnet, hatte auch mal Glück und dann das Pech, in der vierminütigen Nachspielzeit noch das 1 : 1 zu kassieren.
Schliesslich trennten wir uns vom tollen Passantenhafen in Wambrechiers, um unser nächstes Ziel, den Yacht Club de la Lys in Halluin-Menen anzusteuern.
Zuvor passierten wir die Écluse de Quesnoy. Der Schleusenwärter dirigierte uns ganz nach vorne, weil noch ein 80 m Frachter einfahren würde.
Auf der Gegenseite wartete bereits ein Frachter mit einer Fan Craft. Bei der Éclus Comine mussten wir etwas warten, weil bereits zwei Frachter eingefahren waren. Im Schlepptau des nächsten Frachters konnten auch wir einfahren.
Dann erreichten wir die Neptunia, ein Versorgungsschiff, wo wir unsere Taranaki betankten. André wollte die Linna ebenfalls betanken, was aber leider nicht ging, weil ich bereits mit rund 220 Litern den Stock aufgebraucht hatte. Der Tankwart meinte, es sei schwierig, genügend Treibstoff an Bord zu haben. Manchmal kämen sehr viele Schiffe, die betankt werden möchten, dann seien es wochenlang keine. Zudem habe er manchmal Mühe, weil das aus Sicht der Lieferanten Kleinstmengen seien.
Schliesslich näherten wir uns der Nieuwe Sluis Menen. Auf dem Kartenplotter hatten wir einen kleinen Frachter ausgemacht und ich meldete unsere beiden Schiffe an, wobei wir nach dem Frachter einfahren würden.
Auch hier wartete unterhalb der Schleuse bereits wieder ein Frachter sowie eine wunderschöne Luxemotor darauf, bergwärts schleusen zu können.
Dann erreichten wir den Hafen des Yacht Clubs de la Lys in Halluin-Menen. Er ist nicht sonderlich gross und beim Einfahren muss man aufpassen, weil es an den Ufern viele aufgeschüttete Steine hat. Wir fanden einen freien Liegeplatz und legten an. Da der Hafen nicht gerade mit Tiefgang strotzt, zog André es vor, seine Linna bei der Hafeneinfahrt auf der linken Seite zu vertäuen.
Brigitte hatte dem Hafenmeister schon zweimal anzurufen versucht. Ausser dem telefonischen Beantworter konnte sie keine Reaktion erwirken. Wir fragten Anleger im Hafen. Die meinten, der Posten des Hafenmeisters sei nicht besetzt und wir sollten ruhig Strom und Wasser beziehen. Wenn sich niemand melde, sei es eben gratis.
Es war sommerlich heiß geworden, Wir hatten im Salon 32 Grad. So entschieden wir für einen Teigwarensalat, den wir unter freiem Himmel an einem nahe gelegenen Picknickplatz genossen. Dort erschien ein älterer Herr und fragte uns, ob wir uns beim Hafenmeister gemeldet hätten. Das konnten wir bestätigen. Leider sei der Hafen nicht mehr in Verwaltung des Yacht Clubs, sondern neu der Stadtverwaltung. Das klappe nicht sehr gut, was wir nur bedauern konnten. Der Hafen liegt sehr schön und ist ausgesprochen ruhig. Er meinte, wenn niemand erscheine, sei es eben gratis. Er war früher Präsident des Yacht Clubs und hatte die Passanten jeweils persönlich begrüsst. Es war ihm anzusehen, dass er die Entwicklung sehr bedauerte.
Zuerst war er uns etwas griesgrämig erschienen, aber dann öffnete er uns freundlicherweise die Türe zum Steg, so dass wir nicht mehr darüber klettern mussten.